Auftrieb – Eine Frage des sich Überwasserhaltens

J-413

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Samstag, 15. Mai 2010 18:42 h
Hallo Segelfreunde,
nachdem meine Restauration so Stück für Stück voranschreitet, wirft jetzt das Thema der Auftriebskörper so manche Frage auf. ich möchte schließlich nicht ohne Boot mal irgendwo herumschwimmen und auf zufällig vorbeifahrende Retter hoffen.
Da der Auftrieb ja von der verdrängten Wassermenge und dem spezifischen Gewicht abhängt, nehme ich mal als gesetzt, dass der in den Klassenvorschriften genannte Auftrieb von 260 Ltr. für Holzboote und 480 Ltr. für GFKboote von kompetenten Konstrukteuren ausgerechnet wurde ( :-/ Wirklich?????)
Ich habe ein GFKboot und würde gerne ein festes, wasserdichtes Schott hinten und vorne einsetzen. Ich habe nämlich keine Lust mit einigen “Luftballons” im Boot herumzufahren.
Nun kommt aber die Frage aller Fragen: Wie rechnet man das aus? Das hintere Schott möchte ich als Abschluss des Cockpits nach hinten setzen; wieviel Ltr. Luftraum ist dann dahinter? Entsprechend weiter; wo muss ich im Bugbereich das Schott hinsetzen damit ich die restlichen Ltr. Luftraum (480 Ltr. minus Heckauftrieb) bekomme.
Ich habe mir zwar annäherungsweise mit der Volumenberechnung des Dreiecksprisma/2 beholfen, aber das ist natürlich nur sehr ungenau. Ich möchte schließlich nicht im Falle einer überkommenden Welle annäherungsweise gerade nicht mehr schwimmen. Ein Eimer Auftrieb zu wenig wäre fatal.
Wie habt ihr das gemacht, wenn ihr nicht die Plastikaufblaskörper genommen habt?Think Sailing, Dietmar

Hartwig

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Dienstag, 18. Mai 2010 18:04 h
Hallo Dietmar,da bringst Du mich ganz schön in Schwierigkeiten.
Also eine exakte Berechnung der Volumina von Vor- und Achterschiff ist mir nicht bekannt. Mit Hilfe eines Linienrisses und Schiffbauergrundwissens lässt sich das sicher machen, aber das Problem stellte sich bislang nicht.
Soweit mir bekannt, fahren die meisten älteren GFK-Boote mit großen Styropor-Blöcken, die der Bootskontur vorne und achtern weitgehend angepasst sind.
Der achtere Block füllt das Hinterschiff bis zur Achterkante des Cockpits, der vordere das Vorschiff bis ca. 20 cm vor dem Mast. Sperrholzplatten, die an im Bootskörper (GFK) integrierten Stegen befestigt sind, verhindern ein Verrutschen sowie ein “Krümeln” der Styropor-Blöcke. So fand ich es jedenfalls beim Kauf meines Bootes vor.
Zusätzlich habe ich auf jeder Seite unter dem Deck sowohl im Cockpitbereich als auch in der Schlupfkajüte je einen stabilen aufblasbaren Auftriebskörber untergebracht, also insgesamt 4 Stück. (Länge ca. 1 m, Durchmesser ca. 25 cm)
Etwa 3x Mal habe ich in all den Jahren schon Boote volllaufen sehen. Meistens ist das bei viel Wind in der Halse passiert, als sich die Großschot irgendwo verhakte.
Dabei habe ich festgestellt, dass vollgelaufene Boote insbesondere achtern Auftrieb brauchen. Gerne hatte man achtern noch eine Schublade für den berühmten Kleinkram eingebaut, die den Auftrieb weiter verringerte. So musste beim Einschleppen ein Besatzungsmitglied auf dem Vorschiff sitzen, um einen einigermaßen vernünftigen Trimm zu erreichen.
Wenn ich mich ganz dunkel erinnere, hat Arne Jensen in seinen neuen Juniorbooten zumindest achtern ein festes Schott. Über die Anordnung vorne weiß ich nichts.
Übrigens würde ich bei einem geschlossenen Hohlraum auch immer die Möglichkeit einer zeitweisen Belüftung vorsehen, denn Schwitzwasser wird sich mit Sicherheit bilden.
Auch wenn meine obigen Schilderungen Dich sicher nicht befriedigen, da sie “mobile” Auftriebskörper beinhalten, hoffe ich, dass sie Dir zumindest ansatzweise weiterhelfen.
Wenn Du nähere Angaben über die neuen Boote haben willst, kann ich Dich nur an Arne Jensen verweisen. Du müsstest dann eine entsprechende Anfrage in Englisch dorthin senden.Viel Spaß bei den weiteren Überholungsarbeiten wünscht

Hartwig


J-413

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Dienstag, 18. Mai 2010 20:07 h
Moin zusammen,
natürlich läßt mir das keine Ruhe. Wenn ich jetzt schon am Renovieren bin, dann möchte ich doch die Frage des Auftriebs für den Fall der Fälle sicher gelöst haben.
Wichtig!-Falls jemand die Berechnung des Innenvolumens von Bug und Heckbereich genau rechnen kann, bitte unbedingt nochmal melden.Mittlerweile zeichnet sich folgendes ab:1. Ich habe mich jetzt entschieden, feste Schotts vorne und hinten einzusetzen. Das verspricht mir die beste Lösung zu sein, denn mir steht dann das gesamte Volumen hinter dem Schott als Auftrieb zur Verfügung. Styroporblöcke sind niemals 100% passgenau da hineinzubekommen.

2. In die Schotts kommen jeweils Inspektionsluken mit ca. 20cm Ø. Diese sind absolut sicher und dicht (mit Prüf.testat) Die bekannten normalen Schraubdeckel für 420er,470er, Opti u.ä. sind zu klein und nicht sicher. Deshalb bin ich von diesen abgekommen und habe mir über unsere Werft die ersteren Schraubluken besorgen lassen. Der Vorteil hierbei ist auch, das man noch Kleinigkeiten dahinter stauen kann (Rotwein etc.) und natürlich eine Lüftungs- und Inspektionsmöglichkeit hat.

3. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass der Heckbereich mit Cockpit der kritische Teil ist, wenn das Boot mal vollläuft. Deshalb sollen unter die Seitendecks im Cockpitbereich auch noch feste Auftriebskörper kommen (wenn nicht dieses Jahr, dann nächstes, da sie für ein Aufschwimmen nicht unbedingt nötig wären, sondern nur eine Extrareserve darstellen)

4. Jetzt das Schwierigste zuletzt – die Berechnung. Ich habe in meinem Kollegenkreis die Mathematiker gelöchert und nur unverständiges Kopfschütteln geerntet, als ich von Simpsons Formel, Kepplerscher Fassregel und unregelmäßigem Tetraeder geredet habe. Alle haben gepasst. Deshalb habe ich als Annäherung die Volumenberechnung von Dreiecksprismen (V=A x h) benutzt, die ich mir von innen in den Bootskörper eingepasst gedacht habe. Die Wölbungen konnte ich so nicht mitrechnen und musste sie vernachlässigen, was aber eher positiv zu sehen ist, da sie noch geringfügig zusätzliches Volumen liefern. Alles ist zunächst sehr grob gemessen und nicht bis ins Letzte genau.
Bugbereich: Das ist annähernd ein in Längsrichtung diagonal durchgeschnittenes Dreiecksprisma
Ich habe das Schott 1,20m von vorn berechnet und komme dann auf ein Volumen von ca. 240m³
Heckbereich: Das Schott sitzt am Cockpitende. Das sind dann gedacht 2 Dreiecksprismen, eines längs, das hintere quer (wg. des Spiegelhecks). Da der Rumpf sich nach hinten verjüngt, habe ich die Volumina gemittelt, aus jeweils einer Dreiecksprismenberechnung mit den kürzesten und längsten Werten. Das ergab ca. 266m³
Insgesamt macht das ca. 506m³ (plus die vernachlässigten Wölbungsbereiche), was ausreicht, wenn 480Ltr. für das GFK-Boot genügen sollen. Auf der anderen Seite zeigt das aber auch, dass zwei ungenügend eingepasste Styroklötze vorn und hinten eventuell zu wenig sein könnten für ein GFK-Boot, aber für ein Holzboot natürlich vollkommen sicher sind.

Frage an Hartwig: Wenn du schon Boote (GFK oder Holz??) im vollgelaufenen Zustand gesehen hast, wieviel Freibord hatten die denn noch?

Ich habe in dieser Sache auch noch ein Mail an Arne Jensen geschickt, dessen Antwort ich dann hier ergänze, sobald sie vorliegt.

Dietmar


Arne J17

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Donnerstag, 20. Mai 2010 08:11 h
Hallo Dietmar,vielleicht noch ein paar Überlegungen: Du willst dich den 480l der Klassenvorschrift nähern. Dabei gibt es jedoch folgendes zu beachten: Kein Boot wiegt das Gleiche! Das eine ist etwas dicker laminiert, das andere dünner. Jedes Holzschott bringt Auftrieb wenn es denn unter Wasser ist, jeder Metallbeschlag egal ob über oder unter dückert. Dementsprechend wird dieser Wert mit Reserve behaftet sein.Alleine Gewichtsunterschiede beim Mast können da viel Ausnamchen: Im Ideal soll dein Schiff vollgeschlagen aufrecht Schwimmen, Deck über Wasser und du kannst auch noch drauf stehen. Zwischen zwei Masten bei mir war ein geschätzter Gewichtsunterschied von 10kg = 10l.
Ein Segler mit nasser Klamotte kann auch mit 90kg angesetzt werden. Sitzt er im Cockpit mit dem Wasser bis zum Hals sind es vielleicht noch 5-10kg.

Ein Außenborder (der in den 480l) wahrscheinlich nicht eingeplant ist besteht aus 12-27kg Metall. Das sind auch unter Wasser noch ne ganze Menge. Und zwar ganz hinten.

Hartwig berichtet von Seglern auf dem Vorschiff, also hatten diese Boote genug Reserve für zwei Leute!

Mein Vorschlag: Probier es aus! Du musst es ja nicht nachts, alleine, mitten auf dem Meer machen: Kein Mast, vermeintlich genug Auftrieb, am Steg angebunden, Reserveauftrieb (Fender zur Hand). Sollte das Schiff dann mit deiner geschätzten Menge wider erwarten auf Tauchkurs gehen, kannst du immernoch Fender, Schwimmweseten, Kanister, Sack mit leeren PET-Flaschen etc. unter die Seitendecks stopfen – tief kann sie ja nicht, hängt am Steg.

Wenns denn klappt, kannst du dich ja mal draufstellen. Wenn das geht, geht auch der Mast. Dann noch zwei Personen mehr und du kannst fein ausprobieren wo die Grenze ist und wieviel Reserve da ist.

Eine Möglichkeit gibt sonst noch: Wenn dir das “zu voll” mit dem ganzen Auftrieb wird, kannst du auch automatisch aufblasbare Auftriebe verbauen:
http://www.awn.de/eshop.php?action=article_detail&s_supplier_aid=320082&position=13&anzahl_treffer=39
Die Teile gehen wie ne Automatik-Schwimmi auf und verbrauchen “normal” wenig Platz. Außerdem ist der Schwimmkörper geschützt. An der richtigen Stelle montiert wäre das ne Überlegung, ich hatte übegangsweise so ein Teil mal am Mast unter Deck.

‘J-413’ schrieb:

… Der Vorteil hierbei ist auch, das man noch Kleinigkeiten dahinter stauen kann (Rotwein etc.) und natürlich eine Lüftungs- und Inspektionsmöglichkeit hat.

Insgesamt macht das ca. 506m³ (plus die vernachlässigten Wölbungsbereiche) …

Das klingt nach einem ganz soliden Weinkeller 😀

Viele grüße
Arne


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