Das Rigg im allgemeinen und besonderen

thomas.sander

Beiträge: 6

Sonntag, 18. April 2010 19:39 h
Liebe Leser,

noch immer liegt “Opa Schmidt” in unserer Garagenauffahrt vor Anker, weil mir beim Rigg so manches schleierhaft ist. Ich habe – man mag es kaum sagen – ein aufgeriggtes Folke- Junior noch nie aus der Nähe gesehen, und es gebricht mir bei manchen Teilen, die ich zusammen mit dem Boot erwarb, ein wenig an der Phantasie, die es braucht, sich ihren konkreten Verwendungszweck vorzustellen. So ist mir zum Beispiel die Führung des Großfalls an der Mastspitze nicht klar: Auf der einen Seite findet sich ca. 20 Cm unterhalt des Masttopps eine Aussparung im Mast, von der man sich vorstellen könnte, dass da eine Rolle reingehört, über die das Fall wieder nach unten gelenkt wird. Aber wenn dem so wäre, würde es unterwegs mit dem Beschlag für Saling und Wanten kollidieren. Bleibt nur eine oberhalb dieser Aussparung angebrachte Rolle, über die man wohl ein Fall führen könnte. Indes ist die lediglich mit zwei Schrauben im Holz befestigt: Reicht das? Wie ist das denn bei Euren Holzmasten gelöst? Ich wäre sehr glücklich, wenn mir der eine oder andere vielleicht ein Foto schicken könnte, auf dem man derlei erkennen kann, wie ich insgesamt dankbar für Fotos wäre, auf denen man erkennen kann, wie ein Folke-Junior mit allem Zipp und Zapp so ausschaut (Großschotführung, Baumniederholer pp.).

Dann habe ich noch zwei Taljen an Wirbelschäkeln gefunden, die ich ähnlich bei meiner Dehlya zum variieren der Backstag-Spannung verwendet habe. Aber ein Backstag ist doch eigentlich nicht vorgesehen, oder? Wofür aber sind die Dinger dann. Sie verfügen beide über Curry-Klemmen und die Schoten darin sind exakt gleichlang. Mir sind die Dinger ein Rätsel.

So viele Fragen, ich weiß. Aber wen soll ich sonst fragen?

Viele Grüße und noch ein schönes Wochenende!

Thomas Sander

Viele Grüße und noch ein


Thomas Joenck

Beiträge: 24

Montag, 19. April 2010 19:46 h
Moin Thomas,
hier bist Du mit Deinen Fragen schon richtig!
Ich hoffe mit meinen Antworten auch richtig zu liegen:
Beim Durchschauen meiner Fotos habe ich tatsächlich kein Bild vom Masttopp gefunden. Deshalb ausschließlich schriftliche Erläuterungen. Aber schaue DIr noch einmal die Bildergalerie durch.
Die von Dir gefundene Aussparung soll tatsächlich eine Scheibe zur Umlenkung des Großfalls aufnehmen. Laut Plan liegt sie ca 10 cm unterhalb des oberen Mastendes . Das Fall wird vom Segelkopf kommend durch die Scheibe dann an Steuerbord – wie sich das für Großfallen gehört – vor der Saling durchgeführt und dann entweder am Mast auf einer Klampe belegt oder durch Blöcke wenig achterlich nach achtern umgelenkt.

Das Fall wird sich an den Beschlägen schon vorbeischummeln. Der Salingbeschlag verhindert, dass es den Mast und seine Lackierung “ansägt”.
Die tiefere seitliche “Rolle” düfte die Umlenkung für das Vorheißen eines Standerstockes sein, die keine große Last tragen muss.
Die Umlenkrolle für das Großfall wird bei mir von einem Niro-Blech-Kasten eng umschlossen (damit das Fall nicht von der Scheibe springen kann). Die Achse ist durchgebolzt und mit großen Scheiben und selbstsichernder Mutter verschraubt.

Damit Du Dich bei Manövern und besonders beim Halsen nicht langweilst, hat der Junior im Original tatsächlich ein Paar Backstagen, die zum Auffieren der Großschot in Lee gefiert werden müssen, um dem Segel und dem Baum Platz zu geben. Die Püttinge dazu sollten etwas achterlich vom achteren Rand des Kajütdaches auf dem Seitendeck liegen. Es gibt aber auch Lösungen, bei denen das Backstag auf einer Schiene auf dem Seitendeck oder einem horizontalen Drahtstander beim Loswerfen nach vorn rutscht. Backstagen und Fockstag greifen auf der gleichen Höhe an.
Die Regattasegler und die Eigner von Plaste-Booten (!) haben diese Sorgen nicht: Sie fahren Ober- und Unterwant auf den vorderen Püttingen und das Backstag auf den achteren Püttingen, die allerdings – soweit ich weiß – etwas weiter auseinande liegen. Beim Segeln auf einem Binnenrevier könnte ich für mich das auch nachvollziehen. Sonst bleibe ich lieber auf der traditionellen sicheren Seite.

Das äußere Vorstag (Violinstag) sollte ebenfals justierbar sein, um den Mast trimmen zu können und im Hafen spannungsfrei zu bleiben. Da ohne Segel kein Gegenzug vorhanden ist, würde sich der Mast sonst nach vorn verbiegen. Auch hier kann eine 3-4 partige Talje nicht schaden, die natürlich nach achtern umgelenkt werden sollte. Das bringt natürlich ebenso eine Stolperfalle mit sich wie die optionale Leine zum Niederholen der Fock, die nur von alleine fällt, wenn mehrere Feiertage zusammentreffen.

Die Oberwanten gehören auf die vorderen Püttinge, damit sie in einer Ebene mit dem Mast verlaufen. Die Salinge solltest Du gegen Hängeohre sichern. Entweder setzt Du eine Niroklemme von unten am Oberwant gegen die Saling oder Du baust dir Topnanten an, was aber mehr Aufwand wäre.
Da die Salinge enorm breit sind, solltest du bei Hafenmanövern sehr darauf achten, mit dem ranken Boot nicht mit den Oberwanten an einem Pfahl hängen zu beliben.

Sind alle Klarheiten nun beseitigt?
Wenn ja, hau rein und sieh zu, dass Du Opa Schmidt aufs Wasser bekommst.

Gruß Thomas

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