Eine etwas andere Regatta – Max-Oertz 2007

Vorbemerkung
Der nachstehende Artikel ist für die Klassenzeitschrift “Folke News” der Deutschen Folkebootvereinigung vorgesehen.
Er ist aber sicher auch für die Besucher unserer Website interessant, die ja in der Regel keine Leser der “Folke News” sind. Daher ist er im folgenden wiedergegeben.

Mit dem Folke Junior “Maltorle” bei der Max-Oertz-Regatta vor Neustadt

Die Berichterstattung über die Regattaereignisse in unserer “Folke News” befasst sich verständlicherweise fast ausschließlich mit den Schwerpunktregatten. Es gibt aber noch eine Regattaszene, bei der es nicht so sehr um den sportlichen Wert und Ranglistenpunkte geht. Gemeint sind die Klassikerveranstaltungen des Freundeskreises Klassische Yachten, die zunehmend über ganz Deutschland verteilt Anhänger finden. Auch unser Folkeboot ist ja ein Klassiker, wenn auch zum größten Teil im neuen Gewand.
Als ein Beispiel sei hier die Max-Oertz-Regatta vor Neustadt an der Lübecker Bucht näher betrachtet. Sie wurde 2000 zum ersten Mal in einer etwas improvisierten Art durchgeführt und ist seit 2001 fester Bestandteil des Terminkalenders der Klassiker. Seit 2005 nehmen wir mit unseren Folke Junior-Booten regelmäßig daran teil, wobei hier ausnahmsweise auch GFK-Boote zugelassen sind.
Der Name der Veranstaltung geht auf den wohl berühmtesten deutschen Yachtkonstrukteur Max Oertz zurück, der 1871 in Neustadt geboren wurde. Er wuchs am Hafen auf und lernte so das Wasser und die Boote aus erster Hand kennen, ein Bereich, der ihn zeitlebens nicht wieder loslassen sollte.
Findet die Regatta normalerweise in Verbindung mit einem Feiertag wie z. B. Himmelfahrt statt, so musste sie in diesem Jahr wegen der jahreszeitlich frühen Feiertage auf ein normales Wochenende gelegt werden.
So fanden sich vom 23. bis 25. Mai 79 klassische Boote und Yachten im Neustädter Handelshafen ein und boten ein herrliches Bild.
Das Spektrum der Teilnehmer reichte von einer 1940 gebauten O-Jolle bis zum 1936 vom Stapel gelaufenen 150 qm Seefahrtskreuzer. Dazwischen lagen diverse KR-Yachten aller Größen, Schärenkreuzer, Meter-Yachten, Spitzgatter in verschiedenen Formen, Nordische Kreuzer, Hansa-Jollen oder einfach nur Seekreuzer als Individualbauten. Die Aufzählung aller Schiffstypen würde den Rahmen dieser Abhandlung bei weitem sprengen.
Unter den Teilnehmern waren auch 6 Holz-Folkeboote. Dabei reichte die Bandbreite der Baujahre von 1949 bis 2002. Ein Boot hatte eine lange Kajüte, die heute gänzlich unbekannt ist. Bei den Folke Junior-Booten hatten 9 Eigner mit ihren Mannschaften den Weg nach Neustadt nicht gescheut, davon leider nur 2 aus Holz. Das älteste startende Holzboot wurde 1946 gebaut. Die guten Kontakte zu den dänischen Seglern dieser Klasse wurden dadurch dokumentiert, dass 4 Boote aus unserem nördlichen Nachbarland kamen. Die Palette der Heimthäfen reichte von Frederikshavn bis Düsseldorf.
Als besonderes Schiff sei die “Fleetwood” erwähnt, eine Yacht vom Typ Concordia, von dem A & R zwischen 1950 und 1966 insgesamt 99 Schiffe zumeist in die Vereinigten Staaten geliefert hat, und die dort besonders an der Ostküste heute nahezu einen Kultstatus besitzen. Bei der “Fleetwood” handelt es sich um das einzige Schiff, das nach Deutschland sozusagen reimportiert wurde.
Ähnlich vielfältig waren auch die Namen der aufgeführten Konstrukteure, von denen auch wiederum beispielhaft genannt seien: Oertz, Ramussen, Miglitsch, Gruber, Utson, v. d. Stadt, Rhodes oder Reimers.
Damit kommen wir zu den vielen unterschiedlichen Werften, die diese herrlichen Schiffe gebaut haben. Auch hier eine beispielhafte Aufzählung: A & R, Burmester, de Dood, M & P, Staak, Vertens, Henningsen & Steckmest oder bei den Folkebooten Lind und Begre.
Da der Wettergott mit einer konstanten Hochdruckwetterlage mit östlichen Winden und strahlendem Sonnenschein mitspielte, bot sich den zahlreichen See- und Sehleuten im Neustädter Handelshafen ein beeindruckendes Bild. Im Päckchen lagen dort die herrlichen Yachten, Träume aus Mahagoni und Teak, liebevoll und aufwendig von ihren Eignern gepflegt.
Diese Liebe zu ihren klassischen Schiffen verbindet die Klassikergemeinschaft in besonderem Maße und schafft eine nahezu familiäre Atmosphäre.
Hinzu kommt in Neustadt ein überaus engagiertes Team, das mit großem Enthusiasmus diese Wettfahrt organisiert.
So gab es von Freitag bis Sonntag ein sehr liebevoll arrangiertes Frühstücksbuffet im Festzelt und am Freitagabend ein reichhaltiges und köstliches italienisches Buffet.
Erwähnt sei auch das gute Preis-/Leistungsverhältnis. Für 35 ? konnten wir 3 Regatten segeln und kamen mit 3 Besatzungsmitgliedern 3x in den Genuss des Frühstücksbuffets. Unkompliziert, wie man in Neustadt ist, war das Geschirr hierzu einfach mitzubringen.
Das Festzelt steht in jedem Jahr auf dem Netzplatz der Fischer, die in Deutschlands ältestem Fischereiverein vereint sind. Auch sie sind stets in die Veranstaltung eingebunden, da sie nach der Regatta am zweiten Tag die Segler und Gäste mit gebratenem und geräuchertem Fisch verwöhnen.
Nach den Wettfahrten auf dem Festplatz aufspielende Straßenmusikanten und sogar ein Zauberer für die Kinder rundeten das Landprogramm ab, das schließlich mit Livemusik nach der Preisverteilung am Sonnabend endete.
Eine rundherum gelungene Veranstaltung, die auch zeigte, mit welchem Engagement hier Sponsoren motiviert wurden, um so etwas auf die Beine zu stellen.
Natürlich bietet die Max-Oertz-Regatta nicht nur ein “Kulturprogramm”. Es wird auch sehr sportlich, wenn aus verständlichen Gründen materialschonend, gesegelt.
Um eine Wertung der vielfältigen Schiffe und Boote zu ermöglichen, erhalten sie auf der Grundlage der KLR-Formel des Freundeskreises Klassische Yachten, in die neben der Länge, der Breite, der Segelfläche auch die Wasserlinienlänge, der Tiefgang und die Verdrängung eingehen, einen KLR-Wert, mit dem die berechnete Zeit ermittelt wird. Mit Hilfe dieses Wertes werden die Teilnehmer in Klassen eingeteilt. Einheitsklassen segeln, sofern sie mindestens 5 Teilnehmer aufweisen, in einer eigenen Gruppe, wobei als Besonderheit die meist sehr alten Holz-Folke Junior-Boote einen Bonus erhalten, damit auch für sie die Regatta interessant ist.
Das Regattawochenende wird insbesondere für die weit angereisten Teilnehmer dadurch attraktiv gestaltet, dass am Tag vor der eigentlichen Max-Oertz-Regatta 2 relativ kurze und zusammen gewertete Up and Down-Wettfahrten angeboten werden.
In diesem Jahr erlebten wir bei nordöstlichen Winden mit 4-5 Bft einen herrlichen Segeltag in der Neustädter Bucht. Die Bahn lag ausgezeichnet, die Sonne schien, und die Folkeboote und ihre kleinere, aber ältere Schwester fühlten sich bei diesen Verhältnissen so richtig wohl. Beeindruckend auch das Beobachten der anderen Teilnehmer. Wann sieht man schon einen 150 qm Seefahrtskreuzer oder Schärenkreuzer bei derartigen Verhältnissen förmlich durchs Wasser pflügen?
Am Sonnabend wurde dann die eigentliche Max-Oertz-Regatta gestartet. Der Wind hatte aufgebrist und besonders seeseitig baute sich eine recht ruppige See auf.
So manches Boot startete wegen der rauhen Verhältnisse nicht oder brach die Regatta ab.
Während die Folkeboote sich natürlich auch bei diesen Bedingungen wohl fühlten, war es für die Folke Junior-Boote ein doch sehr harter Törn, zumal im Vergleich zum Vortag eine lange Bahn abzusegeln war. Jedenfalls waren wir froh, nach dem Zieldurchgang den ruhigen Neustädter Hafen ansteuern zu können.
Mit einer im positiven Sinne zwanglos gestalteten Preisverteilung endete am Abend der sportliche Teil. So wurden die teilnehmenden Kinder aufgerufen und mit Süßigkeiten belohnt, und unsere dänischen Freunde wurden in ihrer Landessprache geehrt. Allerdings leerte sich das Zelt danach sehr schnell, wohl eine Folge der harten Segelei.
Bewusst bin ich in dieser Abhandlung nicht im Detail auf die Regattaverläufe oder Ergebnisse eingegangen, da der sportliche Wert einer derartigen Veranstaltung zweitrangig ist. Hier verweise ich auf die Website der Regatta www.max-oertz-regatta.de.
Wenn ich bei dem Einen oder Anderen Appetit auf eine Klassikerveranstaltung gemacht habe, so soll es mich freuen. Für nähere Informationen empfehle ich die Website des Freundeskreises Klassische Yachten unter www.fky.org.
Für unsere “Maltorle” jedenfalls steht die Max-Oertz-Regatta 2009 wieder auf dem Programm.
von Hartwig Sulkiewicz

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