Familiengeburtstage und Regattasegeln

 

4-kdy150-j33Segeln und Familie, das ist bei uns seit zig Jahren eine Konstante. Früher in meiner Kindheit waren dies die Sommertörns mit meinen Eltern nach Skandinavien. Jetzt im reifen Alter (und das auch schon seit knapp 20 Jahren) ist es das Regattieren mit unserem Folkejunior J33 „Windspiel“, gebaut 1935 in Nykobing. Ja, es handelt sich um eine alte Dame, das älteste noch segelnde Juniorboot. Die Regattamannschaft wird aus meinem Bruder Arend und mir gebildet. Mein Vater Kurt meinte vor einigen Jahren als nun jenseits der achtzig nicht mehr zur Stammmannschaft auf einem Jugendboot zu gehören. Stattdessen legt er den Schwerpunkt auf das Coachen seiner Jungs. So kombinieren wir seit vielen Jahren das Regattasegeln mit einem Familientreffen. 

Der Regatta-kalender 2016 hat bereits seit 2 Jahren einen Fixpunkt im Juli, die dänische Meisterschaft der Juniorfolkeboote in Kopenhagen anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des Königlich Dänischen Yachtclubs.

 

5-kdy150-j33Der Termin in der zweiten Juliwoche fällt auch mit dem Geburtstag meines Vaters zusammen, so dass sich eine schöne Gelegenheit für ein Familientreffen bietet. Regattasegeln ist für uns immer eine logistische Großoperation. Der Skipper lebt in Heidelberg, mein Bruder in Bremen, meine Eltern leben in Essen und hüten „Windspiel“ auf dem Baldeneysee. Die erste Zusammenkunft aller Beteiligten ist Ende Mai bei der Max-Oertz-Regatta in Neustadt/Holstein und fällt zusammen mit dem Geburtstag meiner Mutter.

Die Veranstaltung in Neustadt ist eine der vielen Klassikerregatten des FKY und wir sind immer wieder dabei. Sie ist für uns Juniorsegler besonders, da zum Erhalt unserer Klasse seit Jahren Kunststoffboote zugelassen sind und sich so ein stabiles Feld aus Deutschen und Dänen etabliert hat. Wir kennen unsere Konkurrenz und können sie ein letztes Mal vor der Meisterschaft studieren.

Es ist Juli, bald geht es los. Aus der Onlinemeldung beim KDY sehen wir ein aus 13 Booten bestehendes Regattafeld. Neben uns zwei weitere deutsche Mannschaften, die übrigen kommen alle aus Dänemark, die meisten kennen wir über die Jahre aus Neustadt. Die Anreise in zwei Etappen aus Heidelberg ist angenehm, ausnahmsweise kein Stau und eine zügige Fahrt. Das Boot hole ich in Neustadt ab und weiter geht es über die Vogelfluglinie Richtung Kopenhagen.

1-kdy150-j33Die Sonne der letzten Tage schwindet, es wird grau und dunkel, das passt leider zu gut zu dem als stürmisch und regnerisch angekündigtem Wetter. Ankunft am frühen Nachmittag, alle Ankommenden strömen zum Kran, neben den Juniorbooten auch unsere jüngeren Schwestern. Mit uns gemeinsam findet die dänische Meisterschaft der Folkeboote statt, und hier erschließt sich dem Leser auch warum ein Juniorbericht in der Folke-News erscheint.

Und nun fängt es auch an in Strömen zu regnen, was ist schöner als im Brassel mit zig anderen Booten sein eigenes fertig zu machen. Alles läuft zügig, wir kommen schnell an den Kran Der Regen schafft es das Ölzeug zu durchdringen uns so läuft es auch in kalten Strömen den Rücken runter, super. Beim Wassern des Bootes nun leider auch strömendes Wasser aus der Horizontalen. „Windspiel“ stand seit Ende Mai in einer Halle in Neustadt, ist ordentlich ausgetrocknet und nun schießt das Wasser ins Boot. Im Kran hängen geht nicht, denn auch die anderen Boote wollen gewassert werden. Handpumpen reicht nicht aus, in einer der kleinen Werkstätten bekommen wir eine E-Pumpe mit Batterie und damit das Boot sichern. Zügig wird aufgetakelt und wir verholen einmal durch den großen Hafen von Skovshoved zu den Regattastegen direkt vor dem Gebäude des KDY. Alles fertig, der Wasserstrahl aus der Pumpe wird langsam kleiner – und die Entspannung grösser.

6-kdy150-j33Am Abend klart das Wetter wieder auf, es gibt eine gemeinsame Begrüßung der Junior und Folkebootsegler in einer alten Hafenhalle. Die Deko besteht aus uralten Juniorbaumwollsegeln in verschiedensten Ockertönen und sorgt für eine urige Atmosphäre.

Mittwoch, 6. Juli: Startverschiebung für die kleinen, es stehen durchgängig 5 Bft und es sind für den weiteren Tag schwere Gewitterböen angekündigt. Am Ende des Tages kein Segeln, dafür Erkunden der näheren Umgebung, Inspektion aller Boote im Hafen und zur Ankurbelung der lokalen Wirtschaft wird in ein neues Ölzeug investiert. Auch das Boot ist wieder dicht, der alte Lärchenrumpf hat sich voll gezogen und die Pumpe wird mit einer kleinen Kiste Flens zurück zur Werkstatt 3-kdy150-j33gebracht. Am späten Nachmittag treffen sich alle vor dem Regattabüro, die Folkeboote hatten ihre ersten Läufe, es gibt Molenbier und viele nette Gespräche. So lerne ich Lasse kennen, einen älteren Herrn, der J33 als Jugendlicher von 1957 bis 1963 im Hellerup Sejl Klub gesegelt hat. Geschichte wird greifbar, direkte Zeitzeugen berichten….

Am Donnerstag, 7. Juli geht dann die Segelei endlich los. Es ist ordentlich Wind mit vollen 5 Bft und in Böen mehr, insgesamt werden drei Wettfahrten gesegelt. Der Kurs ist einfach, up and down, relativ kurze Wettfahrten. Wie schon erwartet setzt sich Torben immer an die Spitze, dabei ist es völlig egal wie gut oder schlecht sein Start ist, er segelt höher und schneller als alle anderen, beeindruckend. Heute sind 2-kdy150-j33die Boote mit viel Gewicht klar bevorteilt, sei es drei Mann oder schwere Recken.

Die Folkeboote segeln weiter draußen ihre Bahnen ab und kommen nach uns in den Hafen. Das Feld liegt wohl relativ beieinander, mit einem Mal kommen fast alle Boote wie ein Schwarm in den Hafen, voller Fahrt und in einem großartigen Hafenkino finden in wenigen Minuten alle in ihre Boxen, beeindrucken.

Nach dem schönen Segen soll am Abend die Halbfinalbegegnung Deutschland Frankreich bei der Fußball EM der sportliche Höhepunkt werden. Einträchtig fiebert die deutsch-dänische Gemeinde beim Fußballschauen im örtlichen Kro. Es hilft nix, Deutschland scheidet aus.

8-kdy150-j33-350Freitag, 8. Juli: Zweiter Wettfahrttag und Geburtstag meines Vaters. Ein tolles Frühstück im Skoveshoved Hotel, danach geht es auf die Bahn. Der Wind hat gegenüber gestern abgenommen und wird im Laufe des Tages immer weniger. Die dritte Wettfahrt des Tages wird wegen Flaute abgeschossen. Als Geburtstagsgeschenk segeln wir mit einem dritten Platz unsere beste Platzierung heraus. Der Vater ist stolz und es wird ein schöner Abend mit einem festlichen Dinner.

Samstag, 9. Juli: Es ist der letzte Wettfahrttag, mit angenehmen Winden. Das gewohnte Bild, Torben segelt vorneweg, die Meisterschaft ist in trockenen Tüchern. Am Gesamtklassement ändert sich nicht mehr viel. Überlegener Sieger nach 10 Läufen wird Torben Pedersen (J 418) vor der bestplatzierten deutschen Mannschaft Dietmar Gottke mit seinem Sohn (J 413). Für uns ist es am Ende der Platz 11 geworden. So wie am Dienstag alle Boote mit einem Schwung ins Wasser wollten wird am Nachmittag wieder ausgekrant, jeder hilft dem anderen und in kürzester Zeit sind alle Boote auf den Trailern ordentlich verpackt.

7-kdy150-j33Am Samstagabend ein gemeinsames Regattadinner und Preisver-leihung mit den Folkebooten. Das Essen ist etwas einfach geraten, der Yachtclub hat sich später per Mail für das Essen entschuldigt. Der Stimmung hat das nicht geschadet. Reichlich Wein und Bier, viele launige Ansprachen (der Bananaclub der Folkeboote … Insider wissen worum es geht) und eine tolle Kapelle lassen den Abend und die Regatta in einer fröhlichen Stimmung ausklingen.

Es bleibt die Erinnerung an ein schönes Familienfest mit einer feinen Segelei.

Heiko Schulze, J33 Windspiel

Ergebnisse im Detail

http://kdyjunior.dk/wp/wp-content/uploads/2016/08/J-KM-2016-3.pdf

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