Geschichte der “Windspiel”

Liebe Freundinnen und Freunde des KDY 15 qm,
kürzlich rief Hartwig mich an und fragte, ob ich nicht auch mal einen Beitrag für unser Mitteilungsblatt “Pust” schreiben möchte, denn er könne ja nicht immer allein schriftstellerisch für den deutschen Sprachraum auftreten.
Ich meinte, dies sei auch nicht verwunderlich, denn als Eigner eines GFK-Bootes müsste er sich ja im Winter zu Tode langweilen, während die Holzbootfans jede freie Minute in und unter ihren Booten liegen. Hartwig sagte darauf, das sei genau der Punkt! Ich sollte doch mal eine Arbeitspause (im Werftjargon “fofftein” genannt) machen und über meine Erfahrungen mit Holzarbeiten berichten.
Aber genau das möchte ich nicht, weil ich keine heimlichen Gedanken wecken will, ob man seine alte Geliebte gegen ein pflegeleichtes junges Ding austauschen sollte.
Auch reife Damen können noch flott tanzen und so möchte ich von “Windspiel” erzählen, denn das Boot feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag. Es ist ein “Mädchen mit Vergangenheit”, wie man so sagt, und vielleicht kann der eine oder andere Leser, der ihr früher schon mal begegnete, noch etwas aus ihrem Leben erzählen oder mir Fotos aus vergangener Zeit überlassen. Darüber würde ich mich sehr freuen.

Wie man aus dem vorhandenen Messbrief des Kongelig Dansk Yachtklub ersehen kann, wurde das Boot für den Hellerup Sejlklub unter dem Namen “Jan” von der Nyköbing Baadebyggeri in Nyköbing auf Falster im Jahre 1935 erbaut und unter der Kapsejladsnummer J 33 registriert.
Ich habe vor Jahren einmal an den Hellerup Sejlklub geschrieben, um etwas über die Jugendjahre von “Jan” J 33 zu erfahren. Leider ohne Erfolg!
Jedoch sind mir die folgenden Eigner bekannt:
* Am 15.09.1959 verkaufte der Klub das Boot an John Kristensen, Zinnsgade 1 in Kopenhagen.
* Darauf folgte am 18.11.1961 Jörgen Christensen aus Kirkehörup auf Alsen.
* Am 01.03.1968 sind Kennth Arendrup aus Sonderburg und Sv. Aa. Sibbensen aus Skovby je zur Hälfte Eigner.
* Am 01.08.1970 ist Sven Aage Sibbensen alleiniger Eigner.
* Am 01.09.1972 wird Tom Gregersen aus Sonderburg neuer Eigner
* und überträgt im September 1974 am Koj Haupt aus Sonderburg 3/4 seines Anteils.

Nach diesen vielen Wechseln aber klart der Himmel über J 33 zunehmend auf. Vermutlich 1980 machte Jens Gottschalk aus Hamburg mit seinen Freunden einen Segeltörn nach Dänemark. Als die Jollenflotte nach Hamburg zurückkehrte war sie von 3 auf 4 Boote angewachsen. Jens hat mit seinem Vater, der Bootsbauer war, die inzwischen 45 Jahre alte J 33 gründlich überholt und auf der Elbe und Ostsee fleißig gesegelt. Wie er mir erzählte, hat er unter anderem dreimal einhand rund Fünen gesegelt.
Das Boot lag dann einige Zeit in Finkenwerder auf bis es im Frühjahr 1989 der junge Bootsbauer Armin Hellwig aus Friedrichskoog kaufte und das Deck erneuerte. Das Jetzt auf den Namen “Tao” getaufte Boot segelte weiterhin auf der Unterelbe und im Wattenmeer.
Im Spätsommer 1991 erwarb Wolfram Heibeck aus Laboe, ein Kollege von Armin Hellwig, die “Tao” und führte umfangreiche Erneuerungen an den Verbänden und dem Totholz durch, um “Tao” im folgenden Jahr schon wieder an Bernd Gliesmann aus Mönkeberg zu verkaufen und der verkaufte nach kurzer Zeit an meinen Sohn Heiko Schulze Das war am 12. Okt. 1993.
Damit hatte Heiko sich einen Jugendtraum erfüllt und J 33 fand endlich wieder einen dauerhaften Eigner.
Die neue Heimat war nun der Wannsee in Berlin. Dort wurde “Tao” ex “Jan” auf den Namen “Windspiel” getauft, denn zu den bereits in der Familie vorhandenen Bootsnamen wie “Seerose” und “Windrose” sollte die Verwandtschaft zu erkennen sein. Alle drei sind weiß und geklinkert. Später wurde der Baldeneysee in Essen zum Heimatrevier.

“Windspiel” ist ein richtiger Zugvogel geworden und wechselt die Reviere mit Hilfe eines Trailers nach Lust und Laune zwischen binnen und buten, ob zum Regatta- oder Tourensegeln. Die weiteste Reise führte bisher nach Frankreich in die Bretagne mit Beseglung des stromnavigatorisch schwierigen Seegebietes vor Lezardrieux und Paimpol.
J 33 “Windspiel” ist ein festes Bindeglied unserer Familie geworden. Es hat inzwischen viele Brücken zu neuen Freundschaften geschlagen und auch über Meereswogen hinweg zu einer Ehe und Nachwuchs geführt – die Mannschaft erstreckt sich nun über 3 Generationen.
Und nun will ich doch noch ein wenig auf das von Hartwig gewünschte Thema eingehen. Es war sicher ein glücklicher Umstand, dass unter den jüngeren Eignern sich immerhin 2 Bootsbauer oder auch 2 bootsbaukundige Väter befanden, die der alten Lady die Lebensfreude miterhalten haben. Das hat nicht jeder!
Aber mit Vernunft ist der Unterhaltung eines älteren Holzbootes sowieso nicht beizukommen. Dazu braucht man vor allem Liebe und die macht bekanntlich blind, – auch beim Nachzählen der Arbeitsstunden. – Und so sollte es sein.
Es lebe J 33 “Windspiel” ex “Tao” ex “Jan”.

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