Eigentlich wollte ich nach mehr als 50 Jahren“ nach Kursblatt die Bojen umrunden“ nur noch gelegentlich auf meinem Heimatrevier, den Seddinsee im Südosten Berlins einen ruhigen Schlag segeln. Aber welches Boot ist für einen Senior geeignet, möglichst auch einhand zu segeln?
Meine Schwiegertochter (aus Hamburg!) empfahl mir einen Folke Junior, nie gehört … .Aber es gab da eine Telefonnummer in Hamburg, Hartwig Sulkiewicz. Hartwig gab mir prompt eine Nummer in Berlin, sofort Termin zum Probesegeln gemacht und nach 3 Wochen gekauft. So schnell habe ich noch nie ein Boot erworben.
Nach einigen doch erheblichen Renovierungen erfolgte die Umbenennung von GER 409 auf den Traditionsnamen „BEN RIH“ . Der Dank an Hartwig wurde natürlich seinerseits mit dem Wunsch zur Teilnahme an der Regatta SEASONS END verbunden. Also doch wieder Regatta?, ich könnte ja mal probieren. Die Probe im Vorjahr gemeinsam mit meinem Freund Arno und Schwiegertochter Metta verlief so erfolgreich, dass wir uns in diesem Jahr wieder zur Teilnahme verpflichtet fühlten. Also ein zweites Mal mit Arno eine J-Regatta, ein zweites Mal auf der Alster, diesmal mit unserem Junior Hendrik an Bord zum 10.! SEASONS END -Pokal, eine Jubiläumswettfahrt. Als Rentner hatten wir bereits am Freitag eine stressfreie Anreise – mit Ausnahme der Bewältigung der „Rennstrecke“ An der Alster vor der Gurlitt -Insel , problemloses Kranen dank der Mithilfe von Hartwig und des Bootsmannes Günther Reppert vom HSC. Gleiches galt übrigens auch für alle anderen beteiligten Crews und unsere Rückreise am Montag. Der Stress für uns kam von einer völlig anderen Seite, dazu später.
Am Sonnabend erhielten wir zunächst ein Begrüßungsgeschenk mit allerlei praktischen Dingen, gestiftet von Frau Hilke Reuter, dann ein erfreulicher Blick auf die Meldeliste: 11 Boote. Leider war es aber etwas trügerisch , da zwei Meldungen kurzfristig zurückgezogen wurden. Aber immerhin 4 dänische Crews waren am Start. Wir sahen uns im Hafen etwas um und erblickten einen neuen wunderschönen Folke Junior in Holz gebaut DEN 438 „Svip“. Jens Norgard aus Horsholm /Dänemark hat sechs Jahre an diesem Boot gearbeitet, eine beeindruckende Leistung. Insbesondere interessierte uns aber der Trimm und die Ausrüstung der Konkurrenz, nachdem wir uns schon im Vorjahr von den dänischen Freunden etwas abschauen durften. Verwundert betrachteten wir wieder die relativ losen Wanten in den verschiedensten Varianten zwischen Oberwanten, Unterwanten, Backstagen. Alle Beteiligten drehten irgendwie an ihrem Rigg, aber ein System war für uns nicht zu erkennen. Also segelten wir wieder wie im Vorjahr nach unserem Gefühl, andere Vergleiche hatten wir ja nicht.
Die Segelbedingungen mit 2-4 Bft. am Sonnabend und 3-4 Bft. am Sonntag aus Süd waren eigentlich ideal, aber die vielen Winddrehungen und unterschiedlichen Böen nervten schon. Aber so ist wohl die Alster, inmitten der Stadt von Hochhäusern umgeben. Die Bedingungen galten ja für alle. Die Wettfahrtleitung um Claus Dederke brachten alle 5 geplanten Wettfahrten von ihrem kleinen Schlauchboot aus in souveräner Manier über die Bühne, zumal auch noch J-22 und Conger im Rahmen der Sommerpokale des HSC am Start waren. Der „Up and Down“- Kurs war ideal ausgelegt.
Um es vornweg zu sagen, es gab einen überlegenen Sieger mit fünf ersten Plätzen: Torben Pedersen
mit Lotte Andersen , DEN 418 zeigten eine Klasseleistung. Herzlichen Glückwunsch! Nach unserer Einschätzung haben sie ihr Geschwindigkeitspotential gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessert. Also doch ihr Rigg verändert? Es blieb ihr Geheimnis.
Der Kampf um die Plätze war spannender, zwischen dem Zweiten und dem Achten gab es ständige Positionswechsel, im Ziel war es meist sehr eng. Unsere Starts waren mehrheitlich sehr gut, aber nach kurzer Zeit war Torben schon vorn. Unser 2. Platz im ersten Rennen brachte uns Sicherheit, dachten wir. Aber schon im zweiten Rennen mussten wir hart kämpfen und vor dem Wind etwas Glück haben , um hinter Torben und Sven GER 405 knapp vor Hartwig GER 412 noch Dritter zu werden. Nach dem dritten Rennen und unserem zweiten Platz wussten wir aber schon, wer uns insbesondere noch in Bedrängnis bringen konnte. Jens mit seinem Neubau und dem erfahrenen Arne an der Fockschot schienen ihr Schiff immer besser in den Griff zu bekommen. Ihre Plätze zwei und drei am Sonntag bestätigten das. So waren wir glücklich und zufrieden mit einem Punkt weniger insgesamt noch knapp Zweiter geworden zu sein.
Noch spannender machten es Hartwig mit Harald und Sohn Malte und Sven mit Tochter Pia. Sie waren am Ende im Gesamtergebnis punktgleich auf den Rängen vier und fünf. Auch Verner J. mit Kaj DEN 431 trennte als Sechste nur ein Punkt vom Siebenten Hannes mit Holger GER 420. Im Allgemeinen wurde sehr fair gesegelt, dennoch schafften es Hannes und Verner V. DEN 430 kurz nach dem Start im zweiten Rennen ihre Masten miteinander zu verhaken. Wie das möglich war, können sie nur selbst berichten. Leider trat Verner V. danach zu keinem weiteren Start an.
Ach ja, unser Stress kam am Sonnabend nach der Regatta, denn unser Autoschlüssel war unauffindbar, offensichtlich von der Alster verschluckt. Dank des ADAC und Hendriks Vater hatten wir abends um 22.30 alles, auch die neuen Autoschlüssel aus Berlin wieder im Griff. Ein hervorragendes Buffet, Freibier und nette Gespräche mit freundlichen Gastgebern und der Konkurrenz hielten unseren Ärger währen der Wartezeit in Grenzen.
Die SEASONS END – Regatta war wieder eine sehr gelungene Veranstaltung, die mit der Siegerehrung und Vergabe der Preise einen würdigen Abschluss fand.
Jörg Lietzmann, J GER 409