Tipps zur Pflege und Wrangenreparatur

p31berlin

Beiträge: 7

Donnerstag, 18. Februar 2010 10:24 h
Hallo Segler,
als Neuling unter den Holzbootbesitzern suche ich zum Thema Bootspflege und Reparatur Tipps von alten Hasen. Folgende Themen beschäftigen mich:

1. Unterwasserschiff
Mein Folkejunior wurde 1951 in Dänemark gebaut. Ich habe das gute Stück seit letztem Frühjahr. Leider weiß ich nicht, welche Farben, Lacke und Antifouling mein Vorgänger benutzt hat. Der Lack ist weiß, das Unterwasserschiff hellgrün bis türkis. Diese Farbschicht (Antifouling?) ließ sich im Herbst mit Bürste und Wasser zumindest teilweise abschrubben.

Was tun? Muss ich den Grünen Kram ganz abschleifen und alles neu aufbauen? Auf was muss ich dabei achten?

2. Bilge
Mein Boot ist nicht ganz dicht. Nach dem Segeln habe ich die Bilge gelenzt. Wenn ich nach ein paar Tagen wieder kam, standen etwa ein bis zwei Zentimeter Wasser in der Bilge. Nach hartem Segeln war es mehr. Ansonsten ist in der Bilge alte Farbe, die blättert ab. Kurzum: Ich glaube, da muss ich ran und die Bilge lechzt nach guter Behandlung.

Wer hat hier Erfahrung? Wie geht man die Sache an? Mit dem Föhn und Schaber oder einer super ausgebufften Schleifmaschine und wenn das: welche? Wie behandelt man die Bilge nach dem Schleifen?

3. Wrangenreparatur
Beim Kranen ist mir im Herbst eine Bodenwrange rund um den Bolzen mit der Öse zu Kranen ausgebrochen. Nun gut, seitdem weiß ich, dass das keine gute Idee war. Aus Schaden wird man bekanntlich klug. Genau das habe ich vor und frage: Wer hat eine Idee, wie ich den Schaden reparieren könnte? Reicht ein teilweiser Ersatz? Oder muss ich die Wrange komplett austauschen? Wie geht man am besten vor? Nun ja, da ist ja noch der Bolzen (mit Öse), und der ist etwas verbogen?

Im Voraus vielen Dank für gute Tipps.
Beste Grüße von Rüdiger (aus Berlin)(


Enno J334

Beiträge: 21

Sonntag, 21. Februar 2010 08:04 h
Moin Rüdiger,

Deine “Probleme” kenne ich nur zu gut …

Unser Jasper ist aus den 60ern (auf Grund der Segelnummer wohl von 1964) ich habe gerade das Antifouling komplett neu aufgebaut. Solange nichts abblättert, das wäre ein Zeichen für zu geringen Halt des Antifoulings, kannst Du das Antifouling überstreichen. Wenn Du den Hersteller des Antifoulings nicht kennst, mußt du einen Sperrgrund vorstreichen. Zum Kompletten Neuaufbau nutze ich Primocon als Voranstrich (5 Schichten mit Rolle, erste und zweite verdünnt) und dann Interspeed Ultra (2 Schichten mit Rolle unverdünnt). Wenn Du nur Sperren willst, dann reichen 2-3 Schichten Primocon. Ich war kurz versucht von den International Farben zu Seajet Farben zu wechseln (Testsieger beim Antifouling Test in der Segeln), allerdings gibt es bei Seajet kein schönes Rot für den Unterwasseranstrich und ich habe einen dunkelblauen Rumpf mit rotem Unterwasserschiff.
Zum Vorgehen: Ich würde am Eisenkiel ein wenig wegkratzen, um die Schichtendicke herauszufinden. Wenn Du nun sehr dicke Schichten vorfindest, würde ich mit Runderschleifen anfangen. Sei aber bitte sehr auf Deine Gesundheit bedacht, wenn Du Antifouling schleifst oder sonst entfernst, die “Baumarkt-Einfach-Staubmaske” ist definitiv die falsche Wahl, das Zeug ist hochgradig giftig. Ich habe mit Gasbrenner (Lötlampe nicht die große Gartenlösung) und Spachtel gearbeitet und anschließend mit Exzenterschleifer und weißem Lackschleifpapier die Reste beseitigt. Da mein Antifouling nicht richtig haftete, was das leider nötig. Nun hoffe ich mal, dass mir die Arbeit kommendes Jahr erspart bleibt.

Bilge
Meine Bilgenfarbe war auch scheußlich. Unten Bleimenninge in Rot, darüber irgendetwas graues, wahrscheinlich Danboline von International. Mit Spachtel und Heißluftgerät (inzwischen würde ich eine Lötlampe nehmen, da ich ein Heißluftgerät durchgebrannt habe) dauerte es eine Weile. Ich habe das Holz Natur belassen und mit Holzöl (Tonkin) gestrichen, das hat den Vorteil, daß ich ohne zu Schleifen überstreichen kann.

Bodenwrange
Ein Bodenwrangenbruch ist übel, meisten reißt Du Dir dabei auch die Schrauben durch die Planken, wenn es so sein sollte, solltest Du die entstandenen Löcher mit Stopfen und West System dichten.
Ich habe 5 Bodenwrangen erneuern müssen, da deutliche Spalten zwischen den Wrangen und Planken waren, da unser Schiff leider mehrere Jahre falsch gealgert wurde. Ich gehe mal davon aus, daß Du “nur” eine gebrochene Wrange hast , die auf den Planken aufliegt. Wenn Du auch größere Spalten (bei uns paßte der kleine Finger dazwischen), dann mußt Du anders als gleich beschreiben vorgehen. Zunächst brauchst Du ein passendes Stück Eiche. Dann legst Du die ausgebaute Bodenwrange auf das Eichenbrett und zeichnest es an (einfach mit dem Bleistift drum herum fahren). Nun mit der Stichsäge, besser einer Bandsäge, ausschneiden und entgraten. Dann das 20mm-Loch für den Stehbolzen bohren. Einsetzen und anpassen – das kann ein wenig dauern, bis die Wrange genau paßt.

Dichtigkeit
Wenn Du weißt, an welchen Stellen es “reinleckt” kannst Du dort ganz gezielt dichten. Ich habe mit Baumwollfaden (gibt es – leider nur als 100m Rolle – bei Toplicht in Hamburg) und Etan (Buchholzteerfett) sehr gute Erfahrungen gemacht. Bei mir leckte der hintere Stehbolzen der Mastspur, den mußte ich diesen Winter komplett erneuern.

Wenn Du noch mehr wissen willst, mail einfach. Ich habe auch einen ganzen Berg Restaurationsfotos.

Was mich noch interessiert wie ist Dir die Bodenwrange beim Kranen gebrochen?

Viele Grüße
Enno


p31berlin

Beiträge: 7

Dienstag, 23. Februar 2010 08:03 h
Lieber Enno, ganz herzlichen Dank für die vielen Tipps. Super auch die Hinweise auf verschiedene Fabrikate. Das hilft bei der Auswahl. Am Sonntag habe ich schon mit Thomas Jönck telefoniert und ebenfalls tolle Unterstützung bekommen (für die ich mich hiermit gerne auch öffentlich bedanke).

Tja, die Bodenwrange. Wie macht man so was kaputt? Eigentlich ganz einfach: Man muss nur das Boot am Haken packen statt in die Gurte zu legen. Der Bug bleibt unten im Wasser, das Heck geht in die Luft, der Zug schräg nach hinten, dorthin drückt der Bolzen und bricht durch die Bodenwrange. Jetzt isser krumm und ich etwas schlauer. Nochmal lasse ich mein Boot bestimmt nicht so hängen.

So wie es aussieht, lässt sich der Austausch vermeiden und der Schaden mit Epoxy kitten. Ein Austausch ist ja doch keine kleine Sache. Da macht man schnell ein größeres Fass auf. Daran kann ich mich mal setzen, wenn ich das Boot und seine schwachen Momente richtig kenne.

Beste Grüße
Rüdiger


Enno J334

Beiträge: 21

Donnerstag, 25. Februar 2010 10:10 h
Moin Rüdiger,

schade, daß Du nicht wußtest, daß Du zwei kurze Enden vom Krankhaken zu den Püttings ziehen mußt, damit das Schiff nicht nach vorne kippt. Leider ist der Kielschwerpunkt vor dem Heißauge, so daß der Junior immer nach vorn kippt.
Am einfachsten befestigst Du erst Deinen Heißstropp an Kran und Auge, ziehst ihn leicht an, bis der Strop stramm kommt, dann die beiden kurzen Enden stramm vom Kranhaken oder Heißstropp (ich mache das immer mit Palstek am Pütting, Stopperstek auf den Stropp, bei mir noch (!) Autoabschleppseil, denn das hält ja 2t) je eins zu dem vorderen Back- und Steuerbordpütting und Dein/ Euer Junior kommt waagerecht aus dem Wasser.

Pläne
Ich habe die Pläne übrigens eingescannt als pdf vorliegen, falls Du sie direkt haben möchtest, schicke ich Sie Dir gern. Christian Klostermann hat die Pläne auch in Kopie.

Werkfaden
Ich habe hier eine 75 Meter Rolle, wenn Du ein paar Meter habe möchtest, mail mir.

Gruß nach Berlin
Enno


p31berlin

Beiträge: 7

Freitag, 5. März 2010 10:07 h
Hallo Enno,

danke für die Tipps. Jetzt steht hier ein für alle mal, wie man es nicht machen sollte und wie man es richtig anpackt. Ein gute Kombination für zukünftige Greenhörner. Ich jedenfalls bin geläutert: Mein Boot kommt in Zukunft nur noch in die Gurte.

Die Pläne hat mir Hartwig schon zugeschickt. Wenn Du von dem Werg zu viel hast, nehme ich gerne etwas ab. Am besten wir klären das am Telefon. Morgen geht’s los mit der Reparatur. Dann bekommt das Boot erstmal den nötigen Schliff.

Viele Grüße,
Rüdiger

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